Auswandererpolitik im Ägerital

Da meine Vorfahren aus dem Ägerital auswanderten, wird hier die Auswandererpolitik

anhand des Beispiels Ägerital erläutert. Dieses stellte im Kanton Zug mit über zwei

Fünfteln aller Auswandernden den weitaus grössten Anteil.

 

Unterägerer Auswanderer erhielten gegen Verzicht auf den Allmendnutzen von der Korpo- rationsgemeinde einen Auswanderungsbeitrag. Dieser betrug 12 Louis d’Or (Fr. 280.00)

pro männliche und 4 Louis d’Or (Fr. 90.00) pro weibliche Person.

Vom Mai 1852 bis April 1854 beantragten 183 Personen, 103 Männer und 80 Frauen diesen Zuschuss. Von diesen Personen machten sich 74 im Jahr 1852,  59 im Jahr 1853 und 50 im Frühling 1854 auf die Reise.

Unter den Auswanderern waren vor allem Fabrikarbeiter, Taglöhner und Landarbeiter, aber auch Berufe wie Bäcker, Metzger, Gerber, Schuster, Nagelschmied, Musikant, Steinmetz, Korbflechter, Schirmmacher, Sesselflechter und Seidenweberin.

Die Reise war sehr beschwerlich und nicht alle kamen lebend in der Neuen Welt an. Im Unterägerer Pfarrbuch findet man in den Jahren 1853 bis 1854 insgesamt 23 Todesfälle von Unterägerer Amerika Auswanderern, darunter 13 Kinder unter sechs Jahren.

Ab Ende der 1860er Jahre bezahlte auch die Korporation Oberägeri einen Auswanderungsbeitrag. Zwischen 1880 und 1885 bezogen etwa 125 Oberägerer (davon 95 im Jahr 1884) und 80 Unterägerer Genossinnen und Genossen solche Beiträge.

In diesen Jahren entstanden auch im Ägerital Auswanderungsagenturen. In Unterägeri war dies Magnus Iten als Vertreter von Louis Kaiser, Basel. In Oberägeri gab es die Agenturen von

Peter Josef Merz und Silvan Rogenmoser.

 

Quelle: Morosoli Renato, Ägerital – seine Geschichte, Nach Amerika: Aus- und Einwanderung

 

Diese grosszügige Auswandererpolitik war sogar in Österreich bekannt geworden,

denn gleich in zwei Wiener Zeitungen erschien die folgende Bemerkung: 

 

Schweiz. Die Auswanderung nach Amerika nimmt immer mehr zu. Aus Unterägeri,

im Canton Zug, sind seit kurzem 200 Individuen ausgewandert, weil man jedem

274 Franken mitgibt.

 

Die Presse, Wien, Ausgabe Nr. 249, vom Montag, 24. Oktober 1853

Wiener Zeitung, Ausgabe Nr. 255, vom Mittwoch, 26. Oktober 1853

 

Viele andere Zeitungen und Zeitschriften von Österreich-Ungarn

und den Kronländern (u.a. Böhmen, Mähren, Teile von Italien)

findet man hier: http://anno.onb.ac.at/anno-suche/

 

 

Auch im Kanton Glarus gab es Gemeinden die den Auswanderern die Reisekosten bezahlten wenn diese auf ihr Bürgerrecht verzichteten. So legte zum Beispiel die Gemeinde Diesbach im Jahr 1844 folgende Tarife fest:

 

Familienvater und Ehefrau 110 Gulden

Volljähriger Sohn 60 Gulden

Volljährige Tochter 40 Gulden

Minderjähriger Sohn 40 Gulden

Minderjährige Tochter 30 Gulden

 

Quelle: Walter Hauser, Bitterkeit und Tränen, Limmat Verlag, Zürich 1995

 

 

10.10.1883

Aus Oberägeri wandern neuerdings viele Familien nach Nordamerika aus, während einige   Steinhauser und Baarer ihr Glück in Neuseeland suchen wollen. - In erstgenannter Gemeinde hat diese Auswanderung mehrere Fallimente zur Folge. Die Hauptursache derselben liegt meistenteils in der Verdienstlosigkeit, hauptsächlich in der Seidenweberei.

 

Zuger Neujahrsblatt 1885

 

 

Einladung. Diejenigen Corporationsgenossen, welche in der diesjährigen Landerbung beteiligt sind, und sich um die Vererbung der Landgefälle der nach Amerika ausgewanderten Mitgenossen interessieren, werden hiermit eingeladen, künftigen Samstag, den 6. Des Nachmittags 1 Uhr, bei Herrn Meinrad Iten, Bäcker in der Euw, an einer hierauf bezüglichen Besprechung teilnehmen zu wollen. Unterägeri, den 3. Januar 1877. Namens mehrerer Landerbenden: Das provisorische Comite.

 

 

Zugerisches / Zuger Volksblatt, Mittwoch, 3. Januar 1877